ExperteninterviewWas tun bei steigenden Materialpreisen?

Seit Anfang des Jahres sind besonders die Materialpreise für Holz, Stahl und Dämmstoffe stark gestiegen. Die Gründe dafür sind sehr verschieden: Schäden im heimischen Baumbestand, heruntergefahrene Produktionen oder eine gestiegene Nachfrage können dafür verantwortlich sein. Auch Handwerksbetriebe sind häufig davon betroffen, insbesondere die holzverarbeitenden Gewerke. Bei der Rechtsberatung der Handwerkskammer für Mittelfranken mehren sich die Anfragen, wie man diese Entwicklung in die eigene Kalkulation einbeziehen kann. Aus diesem Anlass haben wir Markus Hofmockel, Referatsleiter der Rechtsberatung der Handwerkskammer für Mittelfranken interviewt. 

Herr Hofmockel, Sie und Ihre Kollegen der Rechtsberatung bekommen derzeit viele Anfragen, die sich um die derzeit explodierenden Rohstoff- und Materialpreise drehen. Mit welchen Herausforderungen sind unsere Betriebe derzeit konfrontiert? 

Viele Anfragen drehen sich aktuell darum, wie und ob man explodierende Preise an die Kunden weitergeben kann. 
Dazu muss wann wissen, dass sich bei Werkverträgen im Baubereich meist um Einheitspreisverträge handelt, bei denen aufgrund des Aufmaßes abgerechnet wird. Dabei kalkulieren Handwerksbetriebe häufig in gutem Glauben mit niedrigen Preisen. Die angesetzten Preise sind hierbei fest vereinbart.  
Gleiches gilt bei den etwas selteneren Pauschalpreisvereinbarungen. Getreu dem Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind, können Preise nach Abschluss des Vertrages also nicht einfach einseitig geändert werden.  

Das ist logisch. Aber, was kann man dann tun, um nicht auf den Materialpreisen sitzen zu bleiben? 

Es gibt einige Instrumente, die man hier vertraglich einsetzen kann. Zum Beispiel bietet sich im Vorfeld eines Vertragsabschlusses an, eine kurze Angebotsfrist anzugeben. So ist der Unternehmer nur an die Preise gebunden, wenn das Angebot innerhalb dieser Frist angenommen wird. Zusätzlich sollte man versuchen, sich den Preis beim Zulieferer unverzüglich nach Vertragsschluss zu sichern.  

Kann es auch hilfreich sein, wenn Angebote eindeutig als unverbindlich oder freibleibend gekennzeichnet werden? 

Ja, das stimmt. Dann gibt rechtlich betrachtet der Unternehmer nur eine „Einladung zur Angebotsabgabe“ ab und der Besteller erteilt ein Angebot. Sollten die Einkaufspreise in der Zwischenzeit gestiegen sein, kann der Unternehmer das Angebot ablehnen und neu anbieten. Hier muss aber unbedingt beachten, dass der Unternehmer dann auch ausdrücklich ablehnen muss, wenn er sich nicht mehr an das Angebot gebunden halten will. Zusätzlich ist zu beachten, dass es einzelne Urteile gibt, die solche Klauseln unter gewissen Umständen bereits als unwirksam ansehen. 

Wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, eine Preisanpassungsklausel vorzusehen? 

Preisanpassungen sind möglich, wenn der Vertrag eine Preisanpassungsklausel vorsieht. Folgendes sollte man aber beachten: Im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Vereinbarung einer solchen Klausel vor allem bei Verträgen mit Verbrauchern allenfalls dann möglich, wenn die Leistung frühestens nach vier Monaten erbracht werden soll.  

Eine individuell ausgehandelte Vereinbarung hingegen ist möglich. Man müsste diese aber mit jedem Kunden einzeln aushandeln und gesondert festhalten, ohne beispielsweise einen vorformulierten Vordruck zu benutzen.  

Und was sind die Nachteile einer Preisanpassungsklausel? 

Gerade im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist es äußerst schwierig, die Klausel so zu gestalten, dass sie wirksam ist. In vielen Fällen sind Preisklauseln angreifbar und unwirksam.  Was die individuell mit dem Kunden ausgehandelte Vereinbarung anbelangt, ist dies im täglichen Leben vermutlich eher wenig praktikabel und es erscheint auch fraglich, ob jeder Kunde eine solche Klausel akzeptiert. 

Bei  exorbitant steigenden Materialpreisen und wenn keine wirksame Preisanpassungsklausel vereinbart wurde, könnte man sich nicht auch auf die sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage berufen? 

Ja, gewiss. Allgemein gibt diese Vorschrift einen Anspruch auf Vertragsanpassung, wenn sich die Umstände schwerwiegend ändern und die Parteien bei vorheriger Kenntnis, den Vertrag nicht oder nicht so abgeschlossen hätten. Das große Aber sind in diesem Falle die Gerichte. Sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, dann urteilen diese hier meist zugunsten des Kunden. Grundsätzlich hat bei Festpreisvereinbarungen der Unternehmer das Risiko von Preissteigerungen zu tragen. Die Chancen sind bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung also nicht sehr hoch. 

Was kann man in solch einem Falle tun? 

In diesem Falle bleibt einem meines Erachtens nur noch die Möglichkeit, rechtzeitig mit dem Kunden zu reden und vielleicht so zu einer gütlichen Einigung zu kommen.