RatgeberSo geht’s rechtssicher in die Viertagewoche

Immer mehr Betriebe experimentieren mit der Viertagewoche. Auch um für den Nachwuchs attraktiv zu bleiben. Ein Überblick darüber, was es aus rechtlicher Sicht dabei zu beachten gibt.

eine Bronzestatue der Justitia vor einem großen Gebäude mit Marmorsäulen
KI-generiert - Handwerkskammer für Mittelfranken
Bei der Umstellung auf eine Viertagewoche müssen Betriebe arbeitsrechtlich einige Dinge beachten.

Auf dieser Seite haben wir für Sie alle Informationen zu den arbeitsrechtlichen Aspekten bei der Umstellung auf eine Viertagewoche zusammengestellt. Gerne können Sie sich dazu auch individuell von unseren Expertinnen und Experten beraten lassen. Rufen Sie an oder vereinbaren Sie einen Termin unter:
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Wie kann die Viertagewoche in die Praxis umgesetzt werden?

Verbreitet sind derzeit drei Varianten, wie aus einer Fünf- eine Viertagewoche wird:

  1. Vier Tage mit gleicher Arbeitszeit und gleichbleibendem Gehalt
  2. Vier Tage mit weniger Arbeitszeit und gleichbleibendem Gehalt
  3. Vier Tage mit weniger Arbeitszeit und weniger Gehalt

Die Umstellung von fünf auf vier Arbeitstage verläuft im Handwerk nicht immer problemfrei. Denn je nach Gewerk arbeiten Handwerkerinnen und Handwerker oftmals projektbezogen und die Arbeitszeiten orientieren sich an den Bedürfnissen der Kunden. Auch eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf mehr als acht Stunden ist nur unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben möglich. Diese Einschränkungen müssen dabei beachtet werden:

  • Maximal zehn Stunden täglich, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG)
  • Mehr als zehn Stunden am Tag können in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstanweisung zugelassen werden, wenn in die Arbeitszeit in Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt und dies regelmäßig und in erheblichem Umfang (§ 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG)
  • Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren dürfen grundsätzlich nicht mehr als acht Stunden täglich arbeiten (§ 8 JArbSchG)
  • Schwangere und stillende Personen dürfen nicht mehr als achteinhalb Stunden täglich arbeiten (§ 4 MuSchG)

Wie wird die Viertagewoche vereinbart?

Wenn die Arbeitszeiten im Arbeitsvertrag nicht konkret vereinbart sind, kann der Arbeitgeber in Ausübung seines Weisungsrechts bestimmen, wie die Arbeitszeiten in seinem Betrieb verteilt werden und gegebenenfalls sogar einseitig eine Viertagewoche anordnen. Problemfreier läuft es aber sicherlich, wenn schon im Vorfeld die Arbeitnehmer mit ins Boot geholt werden.

Wenn die Arbeitszeiten bereits fixiert wurden, muss eine Anpassung des Arbeitsvertrages vorgenommen werden. Dies geht nur im beidseitigen Einvernehmen. Will der Arbeitgeber eine Änderung ohne Einverständnis des Arbeitnehmers durchsetzen, bleibt ihm nur der Weg der Änderungskündigung, der stets mit einem Klagerisiko verbunden ist.

Wird bei einer Viertagewoche immer Montag bis Donnerstag gearbeitet oder sind die freien Tage variabel?

Bei einer Viertagewoche wird in der Regel von einem freien Freitag ausgegangen. Doch das ist keineswegs verpflichtend. Bei Abschluss der Vereinbarung können die freien Wochenarbeitstage je nach Bedarf festgelegt werden. Dabei muss der freie Tag nicht zwingend der Freitag sein. Wurden die Tage nicht festgelegt, kann der Arbeitgeber bestimmen, wann die Arbeitstage jeweils einzubringen sind. Dies muss dann jedoch rechtzeitig kommuniziert werden. Das hat den Vorteil, dass sich besser an den Bedürfnissen der Kunden orientiert werden kann.

Je nachdem welche Variante gewählt wird, hat dies jedoch darauf Auswirkungen, ob Feiertage nachgearbeitet werden müssen oder nicht.

Was muss bei Urlaub, Feiertagen oder im Falle einer Arbeitsunfähigkeit beachtet werden?

Der Gesetzgeber sieht bei einer Fünftagewoche einen Jahresurlaub von 20 Werktagen vor. Bei einer Viertagewoche ergibt sich dadurch ein gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch von 16 Tagen. Durch einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder individuelle Vereinbarungen im Arbeitsvertrag können weitreichendere Urlaubsansprüche entstehen. Setzt ein Tarifvertrag beispielsweise 30 Urlaubstage bei einer Fünftagewoche voraus, ergibt sich bei einer Viertagewoche ein Urlaubsanspruch auf 24 freie Tage.

Zwar wirkt die Kürzung des Urlaubsanspruchs auf den ersten Blick wie eine Schlechterstellung der Arbeitnehmer, so ist es aber nicht. Denn die Arbeitnehmer müssen bei Vereinbarung einer Viertagewoche auch nur noch vier Urlaubstage darauf verwenden, eine volle Woche arbeitsfrei zu erhalten.

Fällt ein Feiertag in die Viertagewoche, dann kommt es auf die individuellen Regelungen im Arbeitsvertrag an, ob dieser Arbeitstag nachgearbeitet werden muss oder nicht. Sind die Arbeitstage vertraglich festgelegt auf beispielsweise Montag bis Donnerstag, muss ein Arbeitnehmer den durch einen Feiertag ausgefallenen Arbeitstag nicht nacharbeiten. Wurden die Arbeitstage hingegen nicht an feste Wochentage geknüpft, kann der Arbeitgeber die Nacharbeit des freien Tages fordern.

Fällt ein Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit aus, so muss dieser Tag nicht nachgearbeitet werden.

Welche Regelungen gelten für Pausenzeiten und Überstunden?

  • Pausenzeiten: Die gesetzlichen Regelungen bleiben bestehen. Das heißt, bei einer Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden gilt eine Pflicht zur Einhaltung einer 30-minütigen-Pause, bei mehr als neun Stunden muss mindestens 45 Minuten Pause gemacht werden. Die Pausen können in mehrere 15-minütige Abschnitte unterteilt werden.
  • Überstunden: Haben die Mitarbeiter einen zehnstündigen Arbeitstag, dürfen gemäß Arbeitszeitgesetz grundsätzlich keine Überstunden gemacht werden, da die maximale tägliche Arbeitszeit bereits erreicht ist (§ 3 ArbZG). Überstunden sind nur dann möglich, wenn die regelmäßige tägliche Arbeitszeit weniger als zehn Stunden beträgt oder die Überstunden an einem zusätzlichen, normalerweise arbeitsfreien, Arbeitstag geleistet werden. Wichtig: Die Überstunden müssen innerhalb des vorgegebenen Zeitraums von 24 Wochen ausgeglichen werden.

Können Arbeitnehmer die Viertagewoche einfordern?

Nein. Einen Rechtsanspruch auf eine Viertagewoche haben Arbeitnehmer nicht. Jedoch können sie unter bestimmten Voraussetzungen individuell eine Verkürzung ihrer Arbeitszeit gemäß § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) beantragen, bei der der Arbeitgeber bei der Verteilung der Arbeitszeit grundsätzlich die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat. Einem solchen Antrag kann nur dann widersprochen werden, wenn betriebliche Gründe dagegensprechen.

Können für verschiedene Mitarbeiter unterschiedliche Regelungen getroffen werden?

Es darf gemäß des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Mitarbeiter stattfinden. Das heißt, es dürfen Mitarbeiter nicht willkürlich schlechter gestellt werden, wenn diese sich in einer vergleichbaren Lage befinden. So kann zwar beispielsweise mit Handwerkern eine Viertagewoche vereinbart werden, die Mitarbeitenden im Büro bleiben aber weiterhin bei einer Fünftagewoche, weil die Erreichbarkeit des Betriebs gewährleistet sein muss. In solchen Fällen ist eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Jedoch dürfen nicht nur acht von zehn Handwerkern in einer Viertagewoche arbeiten und zwei Handwerker müssen weiterhin gegen ihren Willen in einer Fünftagewoche arbeiten.

Viertagewoche mit Azubis – geht das?

Die Einführung einer Viertagewoche mit Azubis ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es gibt jedoch Einschränkungen: So dürfen minderjährige Auszubildende nicht wie volljährige Arbeitnehmer zehn Stunden am Tag arbeiten, sondern maximal acht Stunden. Demnach wäre eine Vollzeitausbildung, die mindestens 35 Wochenstunden voraussetzt, in vier Arbeitstagen nicht möglich. Wer dennoch in seinem Betrieb ausbilden möchte, muss deswegen aber nicht auf die Viertagewoche verzichten.

Es gibt beispielsweise die Möglichkeit die Stundenzahl bei Jugendlichen auf achteinhalb Stunden zu erhöhen, wenn an einem der übrigen Werktage entsprechend weniger gearbeitet wird. Insgesamt dürfen dabei 40 Wochenstunden nicht überschritten werden. So könnten Auszubildende an vier Arbeitstagen insgesamt 34 Stunden einbringen und am fünften Arbeitstag die verbleibenden reduzierten Stunden nutzen, um ihr Berichtsheft zu pflegen. In dem Fall würde kein Ausbilder benötigt und der Auszubildende hätte ausreichend Wochenstunden, um die Voraussetzungen für eine Vollzeitausbildung zu erfüllen.

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