Tag des Handwerks an einer SchuleHörakustikerin Andrea Eisen gibt 30 Gymnasiasten was aufs Ohr
Ein gelungenes Beispiel für einen Tag des Handwerks an bayerischen Schulen zeigte Hörakustikermeisterin Andrea Eisen. Mit einem Theorieteil und vielen Mitmach-Aktionen präsentierte sie ihr Handwerk am Carolinum in Ansbach.
Warum James Bond auf Hörakustiker neidisch wäre? Die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen des Carolinums in Ansbach könnten diese Frage nach ihrem Tag des Handwerks (TdH) problemlos beantworten. Denn dort war die 37-jährige Andrea Eisen zu Gast. Die Hörakustikermeisterin stellte den Gymnasiasten ihren Beruf voller Begeisterung vor – in der Theorie und mit vielen Mitmach-Aktionen – und traf damit den Nerv der 30 Caroliner.
Als Anregung für andere Schulen und Betriebe haben wir zusätzlich zum Bericht auch ein Video von diesem Tag des Handwerks zusammengestellt.
Studium, Ausbildung und dann der Meister
Dabei war Eisens Weg ins Handwerk gar nicht vorgezeichnet. Nach dem Abitur studierte sie erst einmal Französisch, Spanisch und Englisch sowie Recht und arbeitete anschließend drei Jahre in einer Frankfurter Anwaltspraxis im Bereich Wirtschaftsmigration. Hundertprozentig glücklich war sie aber nicht und als ihr Vater, selbst engagierter Hörakustikermeister, bei ihr anklopfte, ob sie nicht ins Familienunternehmen einsteigen wolle, stimmte sie mit Vorbehalt zu. „Ich habe um eine sechsmonatige Probezeit gebeten, falls es doch nicht das richtige für mich ist“, erzählt sie lachend.
Doch die Vorsicht war unbegründet. Nach der erfolgreichen Gesellenprüfung folgte die Geburt ihrer beiden Kinder und der Meister. Was sie so an ihrem Beruf liebt? „Ich helfe Menschen: Wenn jemand zu mir kommt, der verzweifelt ist, weil er nicht mehr hören kann, und beim Verlassen des Geschäfts auf einmal wieder Teil des Lebens da draußen ist und sich überschwänglich bei mir bedankt… Das ist einfach wundervoll!“ Dieser soziale Aspekt gefällt ihr. Aber auch das Handwerkliche und der Umgang mit der Technik.
James Bond wäre neidisch
Denn um die würde 007 die Meisterin wirklich beneiden: „Hörgeräte können heute viel mehr als nur ,laut machen‘“, erklärt Andrea Eisen im Theorieteil des TdHs den lauschenden Schülern. „Ich kann es beispielsweise mit Alexa koppeln oder so programmieren, dass es über Bluetooth die Kaffeemaschine startet, wenn ich es morgens anmache.“ Tatsächlich ist der technische Aspekt etwas, das Lyly eher abschreckt. Die 16-Jährige fand die Berufsvorstellung zwar „voll interessant, weil es mir gezeigt hat, was es noch für Möglichkeiten gibt“, möchte aber lieber rein „mit dem Kopf arbeiten.“
Ihre Freundin Emily war eher angetan, allerdings hat sie sich schon entschieden: „Ich werde Rettungssanitäterin“, sagt sie bestimmt. In die medizinische Richtung gehen auch Odas Berufspläne: Sie will Medizin studieren. „Aber vielleicht werde ich jetzt Ohrenärztin“, sagt sie lächelnd. Alle drei sind sich aber einig, dass der Tag des Handwerks ein wirklich gelungenes Konzept ist. „Es ist doch beeindruckend, Einblicke in andere Berufe als die bereits bekannten zu erhalten und es macht wirklich Spaß, Dinge auszuprobieren“, fasst Oda die Meinungen der zwei 10. Klassen zusammen.
Gymnasiasten blicken über den Tellerrand
Dieses Feedback freut auch Sandra Löffladt, die als Koordinatorin für berufliche Orientierung am Carolinum den Tag gemeinsam mit Tamara Mengel, zuständig für den TdH bei der Handwerkskammer, und Andrea Eisen organisiert hatte. „Die Schülerinnen und Schüler müssen mal über den Tellerrand blicken und wir müssen ihnen in diesem Berufsfindungsprozess Unterstützung und positive Erfahrungen bieten und sie begleiten.
Das Handwerk haben viele nicht im Blick trotz der hervorragenden Berufschancen und der anspruchsvollen Tätigkeiten.“ Sie war selbst fasziniert von Andrea Eisens Vortrag und den technischen Möglichkeiten, die Hörgeräte mittlerweile bieten. „Den Beruf des Hörakustikers hätte vor diesem Tag sicher kein Schüler auf dem Radar gehabt. Und wenn sie jetzt gesehen haben, dass man nicht nur studieren muss, sondern auch etwas ,machen‘ kann, dann fangen sie vielleicht auch an, sich andere Handwerksberufe anzusehen.“
Infos und Ansprechpartner zum Tag des Handwerks
Sie ist froh, dass alles so gut geklappt hat, denn am Anfang war sie ein wenig verloren. „Ich wusste gar nicht so recht, wie ich die Organisation des TdH anpacken soll“, gibt sie zu. Auf der Plattform der Handwerkskammer (hwk-mittelfranken.de/tagdeshandwerks) fand sie dann Hilfe und mit Tamara Mengel eine Ansprechpartnerin. Daher kann sie nur allen Lehrerkollegen raten, dort vorbeizuschauen.
Nur einen Verbesserungsvorschlag hat sie ans Handwerk: „Viele Betriebe bieten immer nur Platz für zwei oder drei Schüler an. Dann bräuchte ich aber ein Vierteljahr bis ich alle Schüler einer Jahrgangsstufe vermittelt hätte. Es wäre schön, wenn es mehr Angebote gäbe, die für eine ganze Klasse oder Stufe passen.“ Ihren Kollegen rät sie daher auch, selbst aktiv zu werden und einfach mal bei größeren Betrieben anzurufen und nachzufragen.
Andrea Eisen würde sich über solche Anrufe freuen: „Wenn es noch Schulen gibt, die Interesse haben: Bitte melden Sie sich.“ Und Sandra Löffladt schickt noch einen Appell hinterher: „Einfach dranbleiben, liebe Kollegen. Es lohnt sich!“
Das Franken Fernsehen hat den Tag des Handwerks im Ansbacher Carolinum begleitet: Hier geht's zum Bericht.
Autorin: Stefanie Stein